Was ist Co Alkoholismus oder Co Abhängigkeit?
Ich berichte hier über Co-Abhängigkeit am Beispiel von Alkoholismus.
Andere Abhängigkeiten bringen allerdings ähnliche Systeme hervor.
Ein Mensch, der Co Abhängig ist, ist ein direkter Angehöriger des Abhängigen.
Also meist der Partner oder die Kinder.
Im Durchschnitt sind 5 von 100 aller Erwachsenen in Deutschland alkoholabhängig. Die Dunkelziffer liegt noch weitaus höher.
Rechnen wir nun dazu, wie viele Menschen die Ehepartner, Kinder etc eines Alkoholismus-Erkrankten ergeben, dann haben wir eine gewisse Vorstellung davon, wie viele Co-Alkoholiker es gibt.
Alkoholabhängigkeit hat für die Menschen, die dem Abhängigen nahestehen, tiefgreifende Folgen. Während der Abhängige, sich um sich selber kümmert, um seine Sucht zu stillen, oder mit ihr zu „kämpfen“, befinden sich die Angehörigen oft in einem Teufelskreis aus Scham und Schuldgefühlen. Den Angehörigen geht es damit oft weitaus schlechter als dem Erkrankten selbst.
Die Belastung ist sehr groß für zum Beispiel die Partner. Die Kinder sollen nichts merken, die Freude sollen „es“ nicht sehen, es wird gelogen, versteckt, gedeckt und der Weg führt nicht selten in eine soziale Isolation hinein. Es herrscht Angst um die Gesundheit oder sogar das Überleben des Partners. Dazu kommen oft finanzielle Schwierigkeiten, Vereinsamung und manchmal Gewalt oder auch sexueller Missbrauch durch männliche Alkoholabhängige. Insbesondere Frauen schämen sich sehr und erzählen niemanden von ihrem Leid.
Das hinterlässt natürlich Spuren: Nervosität und Schlaflosigkeit, Magenerkrankungen, andere psychosomatische Erkrankungen, Migräne, Depressionen bis hin zur eigenen Alkoholabhängigkeit sind typische Folgen.
Kinder trifft die Sucht eines oder beider Elternteile besonders hart. Sie lieben auch den abhängigen Elternteil aus ganzem Herzen und dennoch hassen sie ihn/sie oft. Diese zwiespältigen Gefühle sind schwer auszuhalten. Vereinsamt und überfordert, versuchen sie häufig, der Familie und dem Abhängigen zu helfen. Sie haben permanente Existenzangst (wenn die Eltern ausfallen, wer soll sich kümmern?), schämen sich vor Klassenkameraden und Freunden und übernehmen viel zu früh viel zu viel Verantwortung. Oft erleben die Kinder eine Parentifizierung (= Umkehrung Kind/Elternrolle), bemuttern und umsorgen das abhängige Elternteil, indem sie zum Beispiel das Erbrochene wegwischen, Mama ins Bett tragen oder ähnliches. Dazu kommen nicht selten Gewalt und sexuelle Übergriffe. Außerdem lernen die Kinder, dass das Verhalten des betroffenen Elternteils nicht verlässlich ist. Nüchtern ist er oder sie vielleicht lieb und fürsorglich um kurz darauf aggressiv oder herzlos zu sein. Nichts ist verlässlich, kein Tag kann in Sicherheit gelebt werden. Es entwickeln sich bestimmte – oft schuldbehaftete -Verhaltensmuster, die in „Fleisch und Blut“ übergehen. Ihr Risiko, später selbst einmal von Suchtmitteln abhängig zu werden oder sich von einem suchtmittelabhängigen Menschen abhängig zu machen, ist hoch. So haben rund 60 Prozent der mit alkoholkranken Menschen verheirateten Frauen einen suchtkranken Elternteil.
Dem Angehörigen, der das System des Suchtkranken deckt, ist oft nicht klar, dass er oder sie damit dem Süchtigen nicht hilft. Im Gegenteil! Solange die Familie das „Spiel“ mitspielt, für den Erkrankten lügt und das ganze Leben nach der Sucht ausrichtet, solange hat der abhängige Mensch keine Notwendigkeit der Änderung. Erst wenn in der Familie jemand sein Verhalten ändert, kommt das ganze System in Bewegung.
Co Abhängigkeit wirkt oft auch noch Jahrzehnte später. Kinder aus Sucht-Familien können zum Beispiel schon lange in einer eigenen Familie leben und dennoch unbewusste kindliche Verhaltensmuster wiederholen. Es ist also immer sinnvoll mit solch einer Vorerfahrung, sich therapeutisch helfen zu lassen. Viele erwachsene Angehörige und Kinder aus suchtbelasteten Familien brauchen Hilfe von Außenstehenden, um sich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen und ein eigenständiges, glückliches Leben zu führen.
Mögliche Symptome von Co Abhängigkeit (nicht vollständig!)
Der erste Schritt für die Angehörigen ist immer der Gleiche: heraus aus der Sprachlosigkeit, aus der Scham, und Kontakt zu einer Hilfestelle annehmen.
Das kann eine Beratungsstelle sein der anonymen Alkoholiker oder eine andere öffentliche Einrichtung, aber natürlich helfen auch gern meine Kollegen und ich
Sich zu informieren, Offenheit zu schaffen und das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen: Das führt aus der „Co-Abhängigkeit“ und hilft häufig indirekt auch den Abhängigen selbst.
Sollten Sie sich in meinen Zeilen als Angehöriger wieder erkennen, so wünsche ich Ihnen ganz viel Kraft auf ihrem Weg – und glauben Sie mir – es ist zu schaffen!
Bei Fragen, nehmen Sie gern Kontakt zu mir auf – nur Mut !